Präambel

Alte Taschenuhren aus England bzw. aus dem Commonwealth sind von vielen Sammlern bevorzugte Objekte. Denn eins sollte deutlich erwähnt werden: Die Engländer haben als erste Nation das Längengradproblem auch praktisch gelöst, und zwar in der Zeitperiode von John Harrison (1695-1776) bis Thomas Earnshaw (1749-1829). Durch diese Uhrmacher und durch ihre ganggenauen Seechronometer hatten die Engländer fast 150 Jahre lang die Vorherrschaft auf den Weltmeeren.

England herrschte also bis zum Ende des 18. Jahrhunderts nicht nur über die See, sondern auch mit phlegmatischer Souveränität über die Uhrenwelt. Die Puritaner bescherten seinerzeit dem Erdball jährlich ca. 200.000 zuverlässige, präzise und perfekt gearbeitete Uhren.

Allerdings - die sprichwörtliche "gute, alte englische Tradition" ist überall bekannt, und so haben auch die dort ansässigen Uhrmachermeister ihre "normalen" Werke und Gehäuse noch bis in die Anfänge des 20. Jahrhunderts nach alter Herstellungsweise gebaut. Rationelle, maschinelle Produktion war in England undenkbar. Der Puritanismus war verantwortlich für einen weiteren, großen Mangel: Es fehlte den Uhren an Charme, sie strahlten eine gewisse Nüchternheit aus, die seinerzeit z.B. bei den Franzosen mit ihren galanten und freizügigen Sitten nur kühle Langweile hervorlockte.

So kommt es vor, das Sie wunderbare Taschenuhren mit Kette u. Schnecke und schönen hohen Werken finden, die erst um 1900 hergestellt wurden, als man beispielsweise in der Schweiz schon extrem flache Werke mit Ankerhemmung und fliegendem Federhaus herstellte. Ganz klar, England hatte um diese Zeit bereits den Anschluß in der Uhrmacherei verpasst.

Manch ein Sammler (wie z.B. Chronoguide) stört das überhaupt nicht. Ganz im Gegenteil: Die nach dem Weltstandard viel zu spät erbauten Uhrwerke nach alter, überlieferter Tradition befinden sich gerade deshalb oft in bester Verfassung. Und nüchterne Präzision ist heute im Vergleich zu damals schon lange kein Manko mehr.

Heavy "chunky" English pocket watches in good condition and in working order - preferably from the early or mid 19th century - my god - I guess there is nothing more impressive, formidable, imposing or whatever. No other watchmaking industry from any other country can win this match.

So mancher Uhrenfan hat sich darauf spezialisiert.


A

frühe, große Liverpooler Präzisionsuhr "S.D. Sanger", 9 Hatton Street

im sehr schwerem Sterlingsilber-Gehäuse mit Hallmarks von Chester und Jahresbuchstabe "P" für 1853/54 - auch der Gehäusebauer ist durch die Punze "RS" nachweisbar (Ralph Samuel, Woodstreet, Liverpool, Watchcase Maker, registriert 1843); Gehäuse und Werk haben "matching numbers" (12520); das Gehäuse ist nicht überarbeitet worden - war nicht nötig - es befindet sich im Originalzustand (Scharniere und Bügel okay, keine Randschläge etc.); im kratzerfreien Staubdeckel fein verzierte Öffnung für den Aufzugsschlüssel (bitte linksherum aufziehen); makelloses, signiertes Emaille-Ziffernblatt mit großem, vertieftem Sekundenbereich unter dickem Mineralglas; besonders schöne und perfekt erhaltene und originale Zeiger aus gebläutem Stahl; Zeigerverstellung mit Schlüssel im Ziffernblattzentrum

das feuervergoldete Werk unter abnehmbarem, vergoldetem Staubcontainer ist ein Traum und wer Liverpooler Uhren aus dieser Zeit mag der findet nichts besseres; insgesamt 18 Jewels - die meisten davon chatonisiert und mehrfach verschraubt; selbst das Minutenrad ist saphirgelagert und das ist sehr selten; obenliegendes sichtbares Gesperr für die Federvorspannung; Antrieb und Kraftausgleich mittels Kette und Schnecke - die Welle der Schnecke ist ebenfalls in einem großen Saphir gelagert und dieser ist in einem verschraubten u. gebläuten Stahlchaton gefasst; schöner Unruhekloben mit den typisch tiefen Liverpooler Gravuren; Kompensations-Unruhereif mit Regulierschrauben aus Rotgold; Unruhewelle unter Diamant-Deckstein; langer Rückerzeiger über aufgeschraubter Regulierskala aus Silber; schwerer, stahlpolierter Anker mit seitlich sichtbaren Rubinpaletten; Ankerrad aus gehärtetem Messing mit den typisch spitzen Zähnen; die gebläute Flachspirale ist in einem Stahlarm verstiftet der zugleich auch als Stoßsicherung dient

letzte Revision beim Uhrmacher im Januar 2022

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Durchmesser 56mm; hergestellt lt. Hallmarks 1853/54
Wert ca. 1500 Euro


A

wunderschöner Engländer "John Walker, 76 Strand und 230 Regent Street, London/Cornhill"

im einwandfrei erhaltenem Sterlingsilber-Gehäuse mit Londoner Hallmarks und "JW"-Punze für den Londoner Silberschmied "Joseph Walton, Upper Charles Street"; glatter hinterer Deckel; kratzerfreier Staubdeckel mit den beiden Schlüssellöchern für Aufzug und Zeigerverstellung; makelloses, signiertes Emaille-Ziffernblatt mit vertieftem Sekundenbereich; hochgewölbtes, kratzerfreies Mineralglas mit Bulls-Eye

Ziffernblatt und Werk signiert mit "John Walker"; matching-numbers für Ziffernblatt, Gehäuse und Werk (10415)

das nach vorne herausklappbare, vergoldete Platinenwerk erfreut den Betrachter durch seine ungewöhnlich gute Erhaltung; der seitlich verlagerte, fein verzierte Unruhekloben gibt dem Werk "das gewisse Etwas"; zwei verschraubte Chatons; aufgeschnittener Kompensations-Unruhereif mit Regulageschrauben teils aus Rotgold, teils aus Stahl; Unruhewelle unter Decksteinen; Verstiftung der Spirale im auf der Platine verschraubtem Stahlarm - dient auch als frühe Stoßsicherung; typisches Spitzzahn-Ankerrad aus Messing; hochglanzpolierter Stahlanker mit seitlich sichtbaren Rubinpaletten; ein früher Engländer in fortschrittlicher Ausführung

letzte Revision beim Uhrmacher im Dezember 2020

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Durchmesser ca. 50mm; hergestellt lt. Hallmarks 1870/71
Wert ca. 475 Euro


>> Verschiebe nicht auf morgen, was auch bis übermorgen Zeit hat. << (Mark Twain)


A

neuwertige und ungetragene, seltene Beobachtungsuhr „Hector Golay & Son LTD“ aus London/Fenchurch Street
mit Schweizer Werk von Edmont Mathey-Tissot aus Genf - hergestellt für die Royal Navy

Der Schweizer Hector Golay arbeitete sein ganzes Leben als selbstständiger Uhrmacher in London/46 Myddleton Square. Die Firma wurde später umbenannt in „H. Golay & Son LTD“ mit Sitz in London/Fenchurch Street. Bekannt ist, daß Golay im zweiten Weltkrieg und auch noch kurz danach Beobachtungsuhren speziell nur für die Royal Navy herstellte. Man verwendete dazu hauptsächlich Schweizer Werke der Unitas Watch Co. aus Tramelan und wie hier von Edmont Mathey-Tissot aus Genf. Die Verbindung zu Tissot (Le Locle) ist nur in familiärer Hinsicht korrekt, weil der Chef des Hauses mit einer Madame Tissot verheiratet war. Geschäftlich sollen die beiden Häuser nur wenig miteinander zu tun gehabt haben. Die letzten dieser schönen Uhren wurden nach dem Falkland-Krieg 1982 ausgemustert.
(Literatur vgl. Steffen Röhner „Militär-Taschenuhren“ und Konrad Knirim „British Military Timepieces“)

das perfekt erhaltene Gehäuse besteht aus spiegelpoliertem Stahl; Glaslünette und hinterer Deckel sind geschraubt - beide mit griffigen Münzrändern; es gibt keine militärischen Gravierungen, denn unsere Uhr kam nie zum Einsatz; makelloses Emaille-Ziffernblatt mit 120er Sekundenteilung unter Mineralglas; perfekt erhaltene, gebläute Stahlzeiger; Zeigerverstellung durch Ziehen an der Krone

ebenfalls absolut neuwertiges, vergoldetes Werk mit sog. indirekter Zentralsekunde - was die optisch schönere und auch aufwendigere Variante ist; insgesamt 19 Rubine; Schweizer Kolbenzahn-Ankerhemmung mit offenen Rubinpaletten - Ankerrad und Anker sind hochwertig spiegelpoliert; Ankerradwelle unter Decksteinen im Stahldeckplättchen federnd gelagert; aufgeschnittener Kompensations-Unruhereif mit Regulageschrauben aus Rotgold; Unruhewelle unter Decksteinen; blaue Breguetspirale mit speziell gebogener Endkurve nach Edouard Phillips (franz. Mathematiker); Gangreserve mind. 48 Stunden

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Durchmesser 62mm; hergestellt um 1945
Wert ca. 1100 Euro


Jetzt wird´s kompliziert…
Bei der kleinen Sekundenanzeige (Sekunde bei der Sechs) treibt die Welle des Sekundenrades unmittelbar den Sekundenzeiger an. Das kapiert eigentlich noch jeder. Bei der Zentralsekunde hingegen sitzt der Sekundenzeiger auf der Minutenradachse. Die Umdrehung des Sekundenrades muß also entweder mit einem zweiten Zwischenrad auf der Kleinbodenradwelle auf ein zweites Sekundentrieb in der Mittelachse umgelenkt werden (indirekte Zentralsekunde), oder das Sekundenrad selbst ist in der Mittelachse angeordnet (direkte Zentralsekunde).


>> Wer im Leben keine Zeit hat, verläuft sich! << (Abraham Lincoln)


A

schwere Kapitänsuhr von "Harris Behtlestein" aus Manchester mit anhaltbarer Zentralsekunde

im absolut qualitätvollen, schweren Sterlingsilber-Gehäuse mit Hallmarks von Chester und Jahresbuchstabe "G" für 1890/91; auch der Gehäusebauer ist durch die Punze "AG" nachweisbar - es ist "Alfred Gurney" aus der Smithfield Street in Coventry; Scharniere aus Rotgold: griffiger Münzrand; massiv silberner Bügel; der hintere Deckel mit Hosenbandorden und freiem Monogrammfeld; Staubdeckel ebenfalls Silber mit verzierten Öffnungen für Aufzugs- und Zeigervierkant (WIND UP, SET HANDS); haarrissfreies, mittig vertieftes Emaille-Ziffernblatt mit 300er Außenteilung; originaler Zeigersatz - Stunden/Minutenzeiger aus einer Rotgoldlegierung und der Sekundenzeiger aus gebläutem Stahl - dieser anhaltbar über rotgoldenen Schieber am Außenrand bei der zwei

schweres, vergoldetes Dreiviertelplatinen-Werk signiert "Harris Behtlestein, Manchester" ebenfalls in sehr guter Ausführung; 2 verschraubte Goldchatons; seitlich gelagerter Stahlanker mit verdeckten Rubinpaletten; Spitzzahn-Ankerrad aus Messing; aufgeschnittener Kompensations-Unruhereif mit Regulageschrauben aus Rotgold; Unruhewelle unter Decksteinen; fein gravierter Unruhekloben mit hochwertiger Spiral-Halterung; gebläute Breguetspirale; Antrieb mit Kette und Schnecke; die Werksschrauben bestehen aus gebläutem Stahl

letzte Revision beim Uhrmacher im Dezember 2020

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Durchmesser ca. 60mm; hergestellt lt. Hallmarks 1890
Wert ca. 600 Euro


Eine Kapitänsuhr, auch Deckwatch oder Beobachtungsuhr genannt, ist der Typ einer großen Präzisionstaschenuhr, die für die Seefahrt entwickelt worden war, um mit einer tragbaren Uhr an verschiedenen Stellen des Decks nautische Beobachtungen und Messungen machen zu können. Außerdem wurden Beobachtungsuhren bei Landexpeditionen mitgeführt, und sie diente im Ausgangshafen zum Transport der genauen Zeit von der stationären Zeitmessstelle bis hin zum Schiffschronometer.
Hauptsächlich darum haben diese Uhren eine anhaltbare Zentralsekunde.


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