Errare humanum est

irren ist menschlich, und ruckzuck ist das Mißgeschick perfekt und das empfindliche Uhrwerk beschädigt. Wenn Sie ein interessierter Neu-Einsteiger sind, möchte Ihnen Chronoguide im folgenden Text ein paar Hinweise geben. Wenn Sie schon seit zwanzig Jahren Uhren sammeln, bringt Ihnen diese Seite nichts Neues.


das Aufziehen der Uhr:

Falls Sie eine Taschenuhr mit Schlüsselaufzug haben, sollten Sie versuchen, mit der Uhr zusammen einen passenden Schlüssel zu erwerben. Für relativ wenig Geld bekommen Sie im Fachhandel oder bei Ihrem Uhrmacher einen kompletten Satz gängiger Schlüssel-Größen. Versuchen Sie nie, den Schlüssel mit Gewalt auf die Aufzugswelle zu drücken, Sie könnten dabei das Werk beschädigen. Uhren mit Schlüsselaufzug haben eine Öffnung im Staubdeckel für den Schlüssel, damit Sie das Werk nicht freilegen müssen. Achtung: Uhren mit Kette/Schnecke (in der Regel Engländer) werden meist links herum, also gegen den Uhrzeigersinn, aufgezogen!

das Einstellen der Zeit:

Wenn Sie eine alte Taschenuhr gekauft haben und nicht sicher sind, wie die Zeiger verstellt werden, gehen Sie bitte zunächst davon aus, daß die Uhrzeit mit einem Schlüssel eingestellt wird. Uhren, die einen Schlüsselaufzug haben, werden üblicherweise auch mit demselben Schlüssel gestellt. Es besteht keine Gefahr, daß Sie die falsche Welle erwischen: Die Aufzugswelle sitzt auf dem Federhaus, also eher am äußeren Rand des Werkes, während die Welle zum Stellen (falls dies nicht von der Ziffernblattseite erfolgt) genau im Mittelpunkt sitzt. Falls es keine Welle für einen Schlüssel gibt, suchen Sie nach einem kleinen Drücker am Gehäuserand, meist direkt neben der Krone. Einfach mit dem Daumennagel diesen Drücker betätigen und gleichzeitig können Sie durch Drehen der Krone die Zeiger verstellen. Erst, wenn Sie sicher sind, daß die Uhr nicht mit einem Schlüssel gestellt wird und das kein Drücker im Gehäuse eingelassen ist, können Sie versuchen, die Krone herauszuziehen. Tun Sie das bitte vorsichtig, Ihre Uhr wird es Ihnen danken.

das Öffnen des Gehäuses:

Benutzen Sie nie einen Schraubenzieher, ein Küchenmesser, eine Nagelfeile oder ein anderes scharfes Instrument! Sie könnten sich übel verletzen, wenn Sie abrutschen, und Sie könnten das Werk beschädigen oder häßliche Kratzer an Gehäuse oder Werk verursachen. Kaufen Sie einen Gehäuseöffner oder fertigen Sie sich selbst einen an. Ein stumpfes Messer (aber wirklich total stumpf, um Gotteswillen nicht mit Wellenschliff) tut es auch. An den Gehäusedeckeln sieht man meist eine hervorstehende Nase. Der Gehäuseöffner wird nun so angesetzt, daß Sie die Klinge unter eine solche "Nase" schieben und dann nach oben drehen. Schieben Sie die Klinge nicht mit Gewalt in das Gehäuse, Sie könnten dabei das Emaille-Ziffernblatt zerstören oder das Werk verkratzen! Stellen Sie sich vor, daß Sie den Öffner in der rechten Hand halten. Wenn Sie ihn nun leicht im Uhrzeigersinn drehen, springt der Deckel auf. Wenden Sie niemals Gewalt an und machen Sie keine heftigen Bewegungen mit der Hand. Ihre Uhr erwartet liebevolle Fürsorge, behandeln Sie sie entsprechend! Und denken Sie daran, den Deckel wieder richtig und fest zu schliessen.

...und zum Schluß: Soll sie besser ständig Laufen oder besser nicht?

Bei Menschen und bei Tieren erzeugen Muskeln die Kraft, mit der die Knochen an einem Gelenk in eine neue Haltung gebracht werden. Ohne Muskeln ist Bewegung nicht möglich. Also 25 Jahre rumhängen und nur die Kaumuskeln bewegen - die Folgen kennt man ja. Uhren jedoch haben weder Knochen noch Muskeln. Und trotzdem geistert durch die Uhrenszene immer noch der Dummspruch: "Wer rastet, der rostet". Dieser Spruch soll wohl bei der Überwindung natürlicher menschlicher Faulheit helfen - für Uhren ist er schlicht und einfach Quatsch. Denn was sich bewegt, das verschleißt, und das gilt gleichermaßen sowohl für die Lager als auch für die Antriebsfeder. Bei regelmäßiger Wartung halten gute Uhren zwar fast ewig, aber wenn sie kühl und trocken "stehen", eben noch ewiger.


Noch Interesse weiterzulesen? Ich hätte da noch ein paar "Goldene Regeln"